Der Quereinsteiger
9.2., Wolnzach. Der TSV Wolnzach Basketball hat einen C-Trainer mehr. Dass Julian von Känel, der im Rahmen des Bundesfreiwilligendienstes für die Basketballer tätig ist, jedoch vor kurzem seine letzten Prüfungen mit einer Empfehlung für die C-Leistungssport-Trainer-Ausbildung abgelegt hat, ist nicht selbstverständlich. Der 19-jährige ist nämlich eigentlich gar kein Basketballer.
Rein von der Statur her passt von Känel allerdings gut auf ein Feld mit einem Korb: schlaksige 1,96-Meter, große Hände, ein lockerer Gang, das Cap manchmal verkehrt herum auf, so sieht man ihn oft in den Wolnzacher Hallen mit orangenen Bällen und Kindern arbeiten. Seine Bewegungen sehen weich aus, mit ruhiger, tiefer Stimme und überraschend intensiver Körpersprache dirigiert er das Training. Dabei spielt von Känel seit seinem fünften Lebensjahr Fußball (ST Scheyern) und ist seit zweieinhalb Jahren als Trainer (JFG Pfaffenhofen) aktiv. Basketball war für ihn früher eher ein interessantes Hobby, nebenbei lernte er den Korbleger oder spielte auf dem Freiplatz. Wie verschlägt es so jemanden in eine völlig fremde Sportart? Und wie schafft er auf Anhieb die durchaus anspruchsvollen Trainerausbildungen?
Julians älterer Bruder Dominic, der als Volleyballer beim ASV Dachau Volleyball auch schon ein Jahr im Freiwilligendienst tätig war, war sicherlich ein Beispiel, an dem er sich orientieren konnte. Sport ist den von Känels also in die Wiege gelegt. Im August 2015 wurde von Känel dann auf einen kleinen Randartikel in der Zeitung aufmerksam, in dem die Wolnzacher Basketballer ihr Interesse daran kundtaten, wieder einen Freiwilligen einstellen zu wollen. Von Känel fackelte nicht lange und binnen kurzer Zeit hatte Wolnzachs Sportlicher Leiter, Mike Urban, eine Stelle im BFD in der Einsatzstelle der Wolnzacher Basketballer in Zusammenarbeit mit der Bayerischen Sportjugend organisiert. Bereits am 1.9. ging das Abenteuer Basketball los, das Fachabitur frisch in der Tasche. „Ich wollte nicht gleich studieren und war schon vor dem BFD immer an Basketball interessiert. Viele Aufgaben eines Trainers kannte ich schon aus dem Fußball“, dachte sich von Känel, „den Ball habe ich auch schon ab und zu auf den Korb geworden. Also warum nicht?“ Zu von Känels Hauptaufgaben zählt die Arbeit im sozialen und sportlichen Bereich. Er arbeitet mit Kindern im Verein (U10/12) und extern an Schulen, z.B. in Form eines Wahlunterrichts. Hinzu kommen organisatorische und administrative Aufgaben. 300€ erhält er dafür monatlich zuzüglich der Fahrt- und Aufwandskosten. Ãœber die Bayerische Sportjugend musste er ein Einführungsseminar absolvieren, wo sich die aktuellen Jahrgänge kennenlernen und sich über ihre Arbeitsfelder austauschen. Im März folgt noch das politische Seminar. Außerdem lernte von Känel dort, wie der Freiwilligendienst genau funktioniert und was für Bonusseminare, wie zum Beispiel eine Schulung zum Klimaschutzbeauftragten, es gibt. Darüber hinaus gilt es noch einige Bildungstage zu absolvieren.
Letztere realisierte von Känel in Form der Basketballtrainerausbildung, welche die absolute Basis für seine Tätigkeit beim TSV darstellt. Dazu nahm von Känel zuerst an der Basistrainerausbildung des Bezirks Oberbayern teil (18.-20.9. und 25.-27.9.). Wie es das Schicksal so wollte, war Urban dort Referent und konnte die Entwicklung seines Schützlings vor Ort noch einmal genau verfolgen und unterstützen. „Julian hat großes Talent für Ballsportarten, aber er wollte sich das Ganze erst einmal lieber von außen anschauen“, erinnert sich Urban, „ich habe ihn dann ein wenig aus der Reserve gelockt und die Gruppe hat ihn auf eine sehr herzliche, praktische Weise mitgenommen. Das war schön mitanzuschauen, wie ein gestandener Regionalliga1-Spieler wie Kamillo Rosenthal einen Mann mit Fußballhallenschuhen zu Ballhandlingübungen motiviert, als ob es um die Bayerische Meisterschaft ginge.“ Nach dem Basistrainer fand sich von Känel schon deutlich besser in der Halle zurecht. Des Weiteren wurde er in Wolnzach „freundlich und mit großer Hilfsbereitschaft“ aufgenommen, anfängliche Fragen und Herausforderungen konnten so schnell bewältigt werden. „Dennoch war die größte Herausforderung immer noch, mich in der neuen Sportart zurecht zu finden“, erzählt von Känel in dem Wissen, dass es die C-Trainer-Ausbildung vom 25. bis 30.10. in der Sportschule Oberhaching noch einmal in sich haben würde.
Neben einer Vertiefung der Inhalte standen dort Prüfungen in Form eines schriftlichen Tests, einer Eigenrealisation und einer Lehrprobe auf dem Programm. Wenigstens konnte von Känel wieder auf Weggefährten zählen, dann auch Joe Thaler und Johannes Wießnet — beide gestandene Regionalligaspieler — absolvierten im Namen der Wolnzacher ihre C-Trainerausbildung im selben Zeitraum. Die Prüfungen musste von Känel allerdings krankheitsbedingt nachholen. Am 31.1. war es dann so weit. In der Eigenrealisation musste von Känel sein Können beim Korbleger und Sprungwurf von beiden Seiten, beim Achterlauf und beim Eins-gegen-Eins unter Beweis stellen. Und in der Lehrprobe galt es, mit der U14-Bayernauswahl das Thema „Pick-and-Roll-Defense“ zu bearbeiten. „Anfangs war ich schon nervös“, gab von Känel zu. Das legte sich aber schnell. „Wenn der Führungsstil stimmt, dann ist es aus meiner Sicht für alle Neu-Coaches positiv und eine Erleichterung, wenn man mit so gut ausgebildeten Spielern arbeiten kann. Das war bei Julian gut sichtbar“, so Stefan Merkl, B-Trainer und BBV-Ausbilder. Als von Känels Prüfer attestierte er dem Pfaffenhofener eine sehr positive und motivierende Ausstrahlung, eine gute und passende Auswahl an Trainingsinhalten und eine damit einhergehende, sehr gute Trainingsökonomie. Da seien auch „kleinere Mängel in der eigenen technischen Demonstration“ leicht zu verzeihen. Laut Merkl solle von Känel trotz seines Quereinstiegs unbedingt im Trainerwesen weiter aktiv bleiben, folgerichtig sprach er ihm eine Empfehlung für die C-Leistungssport-Trainerausbildung aus. „Darauf bin ich schon ein wenig stolz“, grinst von Känel. Als Gründe für sein tolles Abschneiden und seine Entwicklung nennt er die Unterstützung durch Urban und das U14-Bayernauswahl-Demoteam. „Es war schon interessant zu sehen, was die Kinder in diesem Alter schon drauf haben.“
Die erfolgreichen Stationen während des BFDs in Wolnzach haben von Känel auf jeden Fall positiv beeinflusst. Die nächste große Station wird „Die Jagd nach dem Roten Ball“, die Hallertauer Grundschulmeisterschaft, die heuer das dritte Mal unter der Regie des TSV Wolnzach Basketball stattfinden wird. Nach dem BFD möchte der 19-Jährige im Bereich Sport ein Studium aufnehmen. Von Känel bleibt dem Sport also treu und es dürfte nicht verwundern, wenn wir noch einmal von ihm hören.
Link zum Artikel im PK: http://www.donaukurier.de/sport/lokalsport/pfaffenhofen/Der-Quereinsteiger;art1728,3191818